Fortbildungsstätte Kloster Denkendorf - einst und jetzt
"... Aber nun, seit Ende des Jahres 2009, gibt es die Fortbildungsstätte und das Gespräch zwischen Juden und Christen im Kloster Denkendorf nicht mehr. Die Gebäude und Räume sind in kürzester Zeit mit Bedacht ausgeräumt und faktisch und praktisch unbrauchbar gemacht worden. Man sollte es nicht mehr in der alten oder in einer ähnlichen Form benützen können: Dieser Eindruck drängt sich unabweisbar auf."
Kloster Denkendorf -Klein-Jerusalem im Schwabenland - zu Gast: Rav Michael Keller und Ehefrau Channa
*) Nachtrag im November 2015: In diesen Tagen sind die ersten Flüchtlinge vorübergehend im Blarrer-Haus und im Fruchtkasten (Teilgebäude der ehemaligen Fortbildungsstätte) untergekommen. Wir freuen uns darüber. Ist dies aber auch eine Chance über die gute Verwendung des ganzen Areals noch einmal nachzudenken? Werden die unstrittenen Pläne des OKR und der Landeskirche Würrtemberg, das Blarrer-Haus abzureißen und ein Alten- und Pflegeheim an deren Stelle zu bauen, vernünftigerweise fallengelassen? -im ijrze haschem-
Sie wollen mehr über die Hintergründe wissen? - bitte hier.
Ehem. Fortbildungsstätte Kloster Denkendorf - Fruchtkasten - Blarerhaus - Einladung Tora-Lernwoche
Das Christlich-Jüdische Gespräch im Lernort "Kloster Denkendorf"
1969-1997 Hartmut und Doris Metzger
Beide gemeinsam waren die entscheidenden Ideengeber und Begründer für eine christlich-jüdische Begegnung, die für immer mit dem Kloster Denkendorf verbunden sind.
Als junger Pfarrer war Hartmut Metzger Religionslehrer an einem Gymnasium in Stuttgart-Bad Cannstatt. Für und mit seiner Abiturklasse organisierte er im Jahr 1962 einen sechswöchigen Besuch und Arbeitseinsatz in Schawei Zion im Norden Israels. Es war das Jahr des Eichmannprozesses des erst seit 14 Jahren bestehenden Staates Israel. Aus den Begegnungen in Schawei Zion entstand für das Ehepaar Metzger eine bis heute tiefe Verbundenheit mit Israel.
Von 1969-1997 war er Leiter der Evangelischen Fortbildungsstätte Kloster Denkendorf. Zusammen mit seiner Frau Doris konnte er in der Atmosphäre des ehemaligen Klosters ("Klein-Jerusalem") und in den dazugehörenden Tagungsgebäuden das in Angriff nehmen, was zu ihrer beiden Lebenswerk wurde: eine Stätte, wo Juden und Christen einander begegnen, mit- und voneinander lernen und ein neues Verhältnis zueinander gewinnen können. Vor allem lag beiden daran, das christlich-jüdische Gespräch von der Ebene der Amtsträger auf die Ebene der Gemeinde zu bringen. Unterstützt von Pfr. Rudolf Maurer (05.08.1933-15.06.2021) und seiner Frau Margret und anderen wurde "Kloster Denkendorf" zu einem Ort der Begegnung und des Bibel-Lernens. Rudolf Maurer konnte Fritz Elieser Bloch s.A., damals Landesrabbiner in Stuttgart, als Berater für Denkendorf gewinnen. Desweiteren ist hier u.a. auch Pfr. Reiner Zeeb (01.07.1940-16.12.2022) zu nennen.
Schon seit 1960 kannten die Metzgers das Ehepaar Herbert und Trude Kahn aus Kirjat Chaim in Israel, damals als Lehrkräfte für die Kinder in der jüdischen Gemeinde in Stuttgart tätig. Sie waren unentbehrliche Wegbegleiter im "Kloster Denkendorf". Durch sie fanden viele andere Lehrerinnen und Lehrer Vertrauen und kamen nach Deutschland, "weil dort Menschen warten, die es ehrlich meinen und die Bibel mit Juden lernen wollen", wie es eine Lehrerin einmal sagte. Nach dem Ehepaar Kahn waren dies besonders Fritz unmd Susi Goldschmidt, Schimon und Schulamit Bar-Chama, Geula Lewin, Schlomo und Sarah Meir, Gali Zur, Meir und Judith Brohm, die wir hier stellvertretend erwähnen dürfen.
Dreh- und Angelpunkt für die christlich-jüdische Begegnung im Kloster Denkendorf waren die Tora-Lernwochen. Mindestens zehn (eine Minjan) jüdische Lehrerinnen und Lehrer, meist mit ihren Partnern, sind daran beteiligt. Sie kommen aus Israel und haben ganz verschiedene Berufe, aber als gesetzestreue, bibelkundige Juden haben sie die Fähigkeit, Tora zu lehren.
Die erste Tora-Lernwoche fand vom 24.-30. Juli 1978 in den vielfältigen Räumlichkeiten der "Evangelischen Fortbildungsstätte Kloster Denkendorf" statt, wozu auch der Kapitelsaal als Synagoge und der Klostergarten gehörten. Charakteristisch ist der dreijährige Rhythmus im Wechsel der Lernwochen: Im ersten Jahr das gemeinsame tägliche Tora-Lernen in Kleingruppen und der gemeinsame Schabbat mit den jüdischen Gästen in Denkendorf, im zweiten Jahr das gemeinsame Toralernen in Israel (übrigens viele Jahre lang in Schawei Zion), auch wieder mit gemeinsamen Schabbat, und im dritten Jahr das Lernen in christlichen Kirchengemeinden. Jüdische Lehrerinnen und Lehrer sind dort mit verschiedenen Aktivitäten und abends zum gemeinsamen Toralernen mit den Gemeindegliedern zu Gast.
Dieses Konzept hat sich sehr bewährt, steigert es doch die Attraktivität jeder einzelnen Variante und den "Appetit" darauf.
Im Laufe der Jahrzehnte haben schätzungsweise über 6.500 lernende Christen teilgenommen und mehr als einhundert jüdische Lehrerinnen und Lehrer mit ihren Ehepartnern waren bisher beteiligt (Stand 2016).
bis zu seiner Pensionierung 1997 war Kirchenrat Dr. Hartmut Metzger Leiter der Evangelischen Fortbildungsstätte Kloster Denkendorf und dort für die christlich-jüdische Begegnung verantwortlich, 19 Jahre lang für die Toralernwochen.
Seine Nachfolger als "Landeskirchliche Beauftragte für das Gespräch zwischen Christen und Juden in der Württembergischen Landeskirche" waren von...
1997-2000 Kirchenrat Dr. Ernst Michael Dörrfuß und von
2000-2002 Kirchenrat Dr. Joachim Hahn.
Alle bauten auf diesem erfolgreichen Fundament in Denkendorf auf, wo, wie selbstverständlich, auch eine koschere Küche und Wohnung schon seit 1978 dazu gehörte. Ohne koschere Küche wäre eine Tora-Lernwoche in dieser Art, wie in Denkendorf, gar nicht möglich gewesen.
Von 2002-2020 war Pfarrer Dr. Michael Volkmann...
in besonderer Weise tätig, denn es ist ihm zu verdanken, dass das christlich-jüdische Gespräch nach dem Ende von "Kloster Denkendorf" den Wechsel in die Evangelische Akademie Bad Boll und in das Stuttgarter Lehrhaus als Chance verstand. So konnte er das fruchtbare Erbe aus Denkendorf an den neuen Orten fortsetzen und weiterentwickeln, auch wenn anfängliche Zusicherungen, eine koschere Küche einzurichten, nicht verwirklicht wurden. Das ist nach Meinung Vieler eine offene Hypothek für die Zukunft.
Das in Denkendorf begonnene Gespräch zwischen Christen und Juden geht andernorts weiter, im
Lehrhaus Stuttgart und in der Evangelischen Akademie Bad Boll.
Ab April 2020 ist Pfr. Jochen Maurer...
...in seinem neuen Aufgabenbereich des Pfarramtes für das Gespräch zwischen Christen und Juden in der Evangelischen Landeskirche Württemberg tätig. Seinem zielstrebigen Bemühen, zusammen mit der treuen Bereitschaft unserer jüdischen Lehrerinnen und Lehrer, ist es zu verdanken, dass die 42. Tora-Lernwoche auch unter "Corona-Bedingungen" im Hospitalhof Stuttgart unter dem Thema "Von Eden nach Babel" vom 02.-06. August 2020 stattfinden konnte.
Die Evangelische Fortbildungsstätte Kloster Denkendort wurde am 15. Dezember 2009 von der Evangelischen Landeskirche in Württemberg geschlossen und nach Jahren der Verwahrlosung im Herbst 2018 abgerissen. Mehr dazu im Menübeitrag "Chronologie einer Zerstörung". Nun ist dort ein Alten- und Pflegeheim entstanden. Nichts scheint mehr an den "Lernort Kloster Denkendorf" zu erinnern, die Wiege des Gesprächs zwischen Christen und Juden in der württembergischen Landeskirche. Das Gespräch und die Begegnung zwischen Christen und Juden geht weiter:
"Das Beste, was Christen und christliche Gemeinden erleben können,
ist, dem Judentum in seinem innersten Wesen,
in der Bindung an die Tora, zu begegnen." (Hartmut Metzger)
Hier die Kontaktdaten für...
Pfarrer Jochen Maurer, seit April 2020 tätig im Pfarramt für das Gespräch zwischen Christen und Juden in der Evangelischen Landeskirche Württemberg.
Anschrift: Büchsenstraße 33, 70174 Stuttgart
Tel: +49 176 53655784, Email: Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Diese E-Mail-Adresse ist vor Spambots geschützt! Zur Anzeige muss JavaScript eingeschaltet sein!, Website: www.agwege.de